Zeugnis einfach oder qualifiziert?
Ein Zeugnis ist gemäß § 109 GewO bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu erteilen, allerdings muss der Arbeitnehmer vor der Zeugniserteilung sein Wahl-recht aus¬üben. D.h. der Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber mitteilen, ob er ein so genanntes „einfaches Zeugnis“ nur mit Angaben zu Ort und Dauer der Tätigkeit verlangt oder ein „qualifiziertes Zeugnis“ mit zusätzlicher Leistungs- und Verhaltensbeurteilung.
Diese Wahl sollte man unbedingt auch rechtzeitig tätigen, denn wird z.B. das qualifizierte Zeugnis erst nach einem längeren Kündigungsschutzprozess eingefordert, kann es zu spät sein. So erging es einem Gemeindearbeiter, dem gekündigt worden war. Der Mann hatte nach Erhalt der Kündigung zunächst nur eine Kündigungsschutzklage und Zahlungsklage beim Arbeitsgericht erhoben, womit er über 2 Instanzen keinen Erfolg hatte. Erst ein Jahr nach Erhalt der Kündigung bat er seinen ehemaligen Arbeitgeber um ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Der Arbeitgeber lehnte ab und berief sich dabei auf die Ausschlussfrist im Tarifvertrag.
Zu Recht urteilten die Richter des LAG Rheinland-Pfalz. Sein Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis war bereits verfallen. Laut Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst, dessen Anwendung der Gemeindearbeiter im Arbeitsvertrag mit dem Arbeitgeber vereinbart hatte, verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb von 6 Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Diese Ausschlussfrist hatte der Gemeindearbeiter verpasst, denn ein Zeugnis – so das Landesarbeitsgericht – wird bereits mit Beendigung des Arbeitsver-hältnisses fällig. Daran ändere auch der zuvor geführte Rechtsstreit betreffend die Kündigung nichts.
Ausschlussfristen
Ob im jeweiligen Arbeitsverhältnis eine Ausschlussfrist gilt, sollte genau geprüft werden, da eine Ausschlussfrist auch für andere Ansprüche aus dem Arbeitsver-hältnis gilt. Achtung: Oft findet sich im Arbeitsvertrag nur eine Vereinbarung über die Anwendung eines Tarifvertrages, ohne dass die Ausschlussfrist im Arbeitsvertrag konkret benannt wird.
Kein Anspruch auf Rückdatierung
Wenn das Ende eines Arbeitsverhältnisses und das Datum der Erteilung des Arbeitszeugnisses weit auseinanderliegen, kann ein potentieller neuer Arbeitgeber daraus den Schluss ziehen, dass es womöglich Streit über den Inhalt des Zeugnisses gab oder sogar ein Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht darüber geführt wurde. Dies kann ihn davon abhalten, den Bewerber einzustellen. Daher ist es im Interesse von Arbeitnehmern, dass ein Zeugnis unter dem Datum der Beendigung oder zeitnah hierzu ausgestellt wird. Einen Anspruch auf Rückdatierung gibt es laut Rechtsprechung nicht, wenn der Arbeitnehmer die Erteilung des Zeugnisses nicht zum Ende des Arbeitsverhältnisses eingefordert hat. Am besten verlangt man direkt bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses schriftlich ein qualifiziertes Zeugnis.
Zeugnisinhalt und Beweislast
Kniffliger wird es bei der Frage, was im Zeugnis inhaltlich stehen muss. Der Arbeitgeber muss die Leistungen, Tätigkeiten und das Verhalten des Arbeitnehmers so beschreiben, wie es tatsächlich war. Eine durchschnittliche Bewertung wird in der Zeugnissprache formuliert mit „zur vollen Zufriedenheit“, was einem befriedigend entspricht. Bei einem Arbeitnehmer der schlecht gearbeitet hat, kann der Arbeitgeber von diesem Durchschnitt abweichen beispielsweise mit der entlarvenden For-mulierung „er war stets bemüht“. Allerdings muss der Arbeitgeber im Streitfall auch beweisen können, dass die Leistungen über einen längeren Zeitraum hinweg schlecht waren. Verlangt ein Arbeitnehmer eine Leistungsbewertung, die besser als befriedigend ist, muss er dies im Streitfall beweisen.
Eine Schlussformulierung am Ende des Zeugnisses mit einem Dank für die geleistete Arbeit und guten Wünschen für die Zukunft ist zwar üblich, einen Rechtsanspruch hierauf hat man allerdings nicht.
Anke Ruge, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeits- und Sozialrecht
« Zurück